1. |
Jedes Metall besitzt das Bestreben, in wässriger Lösung (homogenes
Gemisch), also auch in Wasser (Reinstoff), Ionen zu bilden. Dieses
Verhalten wird als
Lösungstension
oder
Lösungsdruck
bezeichnet. Es entspricht im Grunde
der in der Natur existierenden Tendenz zum Ausgleich: einer hohen
Konzentration von Metallteilchen im Metall steht eine geringe oder gar
keine Konzentration von Metallteilchen in der Lösung gegenüber.
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3. |
Die
Bildung eines Metall-Ions verläuft nun
in mehreren Schritten, wenn man den Weg vom Metallatom im Gitter bis zum
in wässriger Lösung gelösten Ion nachvollzieht bzw. umgekehrt.
Zunächst befindet sich das Metallatom in einem
metallischen Gitter im festen Zustand.
Um aus diesem herauszukommen, muss das Metallatom in den gasförmigen
Zustand eines Metallatoms versetzt werden, es muss also das Gitter
verlassen. Weil dieser Vorgang dem Übergang vom festen in den
gasförmigen Zustand entspricht, nennt man ihn
Sublimation
und die dafür aufzuwendende Enthalpie die
Sublimationsenthalpie. Die Sublimation
ist also ein endothermer
Vorgang beim Übergang von Metallatom im festen zum Metallatom im
Gaszustand.
Umgekehrt wird diese Sublimationsenthalpie
wieder frei, wenn das Metallatom in das Gitter eingebaut wird. Aus
Gründen der Vereinfachung wird hier nicht zwischen Enthalpie und Energie
differenziert, fachwissenschaftlich gibt es hier Unterschiede, die aber
vernachlässigt werden.
Im nächsten Schritt wird aus dem gasförmigen Metallatom ein
gasförmiges Metallion. Dafür müssen ihm
ein oder mehre Elektronen entfernt werden, d.h. es wird ionisiert. Wie
viele Elektronen entfernt werden, ergibt sich aus der
Gruppenzugehörigkeit bzw. der Zahl der auszutauschenden Elektronen. Da
das Metallatom die Elektronen nicht freiwillig hergibt, muss dafür
ebenfalls Enthalpie aufgewendet werden: die
Ionisations-
oder Ionisierungsenthalpie. Dieser
Vorgang ist also ebenfalls endotherm.
Nun tritt das "gasförmige" Metallion in die wässrige Phase ein, es wird
hydratisiert. Aufgrund der Ausbildung der Hydrathülle mit den polaren
Wassermolekülen (die negativ polarisierten Enden der Wassermoleküle
wenden sich dem positiv geladenen Metallion zu) wird die Ladung des
Metallions abgeschirmt, der Zustand des Metallion quasi stabilisiert.
Bei diesem Vorgang wird Enthalpie nach außen abgegeben, das System
also enthalpieärmer. Die Hydratisierung ist immer ein exothermer
Vorgang, wenn die Richtung vom Metallatom zum hydratisierten Metallion
geht, es wird also
Hydratisierungsenthalpie
frei.
Wenn
Metallionen aus der Lösung abgeschieden werden, laufen die Reaktionen
und die damit verbundenen Enthalpien umgekehrt: zuerst muss das Ion
dehydratisiert werden, dafür muss Enthalpie aufgewendet werden; danach
wird das gasförmige Ion de-ionisiert, also reduziert, dabei wird
Enthalpie frei und zuletzt wird das Atom in den Metallatom-Gitterverband
wieder eingebaut, dafür wird auch Enthalpie frei.
Es hängt nun von diesen drei
Enthalpien
ab, welches Metall in einem galvanischen System die größere
Lösungstension hat. Allgemein kann man feststellen, dass Metallatome
umso stärkere
Elektronendonatoren, also
Reduktionsmittel sind, je kleiner die Ionisierungsenthalpien und
je größer die Hydratisierungsenthalpien sind. Aber auch die wesentlich
kleineren Sublimationsenthalpien beeinflussen die Lösungstension.
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4. |
Dem Lösungsdruck
des Metalls, also dem Bestreben, aus dem festen Zustand in den
hydratisierten, gelösten Zustand überzugehen, stehen aber die
Metallionen in der Lösung entgegen. Je nach ihrer Konzentration wollen
sie mehr oder weniger in den metallischen Zustand zurück, von dem sie
zunächst nur elektrostatisch angezogen werden. Je nachdem ist diese
"osmotische
Rückführung"
geringer oder stärker.
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5. |
Treten nun
endlich die Metallionen aus der festen Phase in die wässrige Phase über,
so lädt sich das Metall negativ gegenüber der Lösung auf, weil die
Elektronen ja im Metall verbleiben. Diese
Aufladung zieht die in der Nähe
befindlichen positiven Metallionen an. Der Auflösungsvorgang wird jetzt
unterbrochen, wenn das elektrische Feld an der Phasengrenze zwischen
Metall und Lösung so groß geworden ist, dass die Ionen die Energie zur
Durchquerung dieses Feldes nicht mehr aufbringen.
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6. |
An der Oberfläche
des Metalles sitzende negative Ladung (zurückgebliebene Elektronen) und
dadurch angezogene, hydratisierte Metallkationen bilden nun zusammen die
sog.
elektrochemische Doppelschicht, oder
Helmholtz-Schicht. Aufgrund der
Wärmebewegung der Teilchen in der Lösung ist diese Doppelschicht nicht
völlig starr, die Metallkationen verteilen sich statistisch (diffuse
Ladungsverteilung).
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7. |
Die
Ausbildung der Doppelschicht
gibt eine Erklärung für die Potentialbildung an den Elektroden des
Kupfers und des Zinks: An der Kupferelektrode gehen kaum Metallionen in
Lösung, so dass im Inneren der Kupfer-Elektrode nur ein geringer
"Elektronendruck" herrscht. Beim Zink ist es genau umgekehrt: hier
herrscht im Inneren der Elektrode ein hoher Elektronendruck. Werden
beide Metalle über einen Draht/Verbraucher miteinander verbunden, dann
wandern die Elektronen vom Ort hohen Elektronendrucks zum Ort geringeren
Elektronendrucks, also von der Zink- zur Kupferelektrode.
Wird dagegen der
Elektronendruck stromlos gemessen, dann ist die Differenz zwischen den
Elektronendrücken beider Metalle ein Maß für die elektrische
Potentialdifferenz. |